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Thai-Massage ohne Vorurteile

ein Bericht von Abini Zöllner

Man hört ja so vieles. Bei uns um die Ecke hat ein Thai-Massage-Salon eröffnet. Viele denken da gleich an willige Damen, erotisches Ambiente und aufregende Doktorspiele. Das ist wie ein Reflex. Kaum einer denkt an kraftvolle Akupressur, die die Gelenke stabilisiert, den Energiefluss anregt oder Muskelverspannungen auflöst. Nein, die meisten haben nur ein Wohlbefinden der anderen Art vor Augen. 
Es gibt wohl kaum ein Vorurteil, welches die Thai-Massage nicht bedient. Wir haben was gegen Vorurteile. Wir geben uns nicht solch niedrigen, ungalanten, plumpen Gedanken hin. Wir vereinbaren Termine. Mein Mann besorgte sich für einen Freitagabend einen Termin – der Salon hat immerhin bis 22 Uhr geöffnet, das ist quasi eine gute Gelegenheit, um die Woche hinter sich zu lassen. Nun, ich war schon am Donnerstagabend da. Vielleicht, weil ich immer erste sein muss. Vielleicht auch wegen der Rückenverspannungen. Vielleicht, um den Laden überhaupt zu inspizieren. Jedenfalls hatte ich völlig verhärtete Schultern und einen verspannten Rücken. Ich freute mich darauf, dass die Energielinien bald nicht mehr blockiert sein würden, dass ich aufgerichtet werden und ein neuer Mensch würde.

Es kam anders. Die Thai-Masseurin lächelte mich freundlich an, fragte nach Problemzonen – und verprügelte mich. Anders lässt sich das nicht beschreiben. Ja, ich weiß, dass sie die Daumen, die Ellenbogen, die Knie und Füße bei der „Behandlung“ einsetzen. Aber mit solcher Wucht? Jedenfalls ging ich als orthopädischer Pflegefall nach Hause. Mein Rücken schmerzte, meine linke Schulter tat weh, die rechte brannte. Nie wieder würde ich diesen Laden betreten! Mein Mann dagegen hatte Glück. Er war unter andere Hände geraten. Er redete mir gut zu, es noch einmal zu versuchen, gab mir den Namen seiner Masseurin und nach einiger Zeit wagte ich mich wieder hin. Seitdem bin ich begeistert.

Neulich traf ich unseren Nachbarn im Fahrstuhl. Er ist Moslem, seine Frau erwartet das fünfte Kind und wir haben ihm gegenüber behauptet, dass wir verheiratet sind. Warum weiß ich auch nicht, aber bevor ich ihm erklärt hätte, dass mein Mann zwar mein Mann aber nicht mein Mann ist ... Also mein Nachbar sagte: „Frau Zöllner, ich habe letztens gesehen, wie ihr Mann in den ,Salon’ ging. Das ist nicht gut. Gar nicht gut.“ Ich fragte: „Wieso denn nicht?“. Und dachte bei mir: Warum macht er solche Andeutungen? Gibt es was zu petzen? Dann sagte ich: „Es ist ein ganz normaler Salon. Ich war auch schon da. Sogar mehrmals.“ Mein Nachbar guckt mich entsetzt an. Ich gucke entsetzt zurück. Wo ist das Problem? Ich erzähle unseren Freunden, die auch gleich um die Ecke wohnen, von dem Gespräch. „Ihr wisst doch, dieser neue Massage-Laden“. „Jaja, den kennen wir.“ „Seid ihr schon mal da gewesen?“ „Nee, um Himmels Willen.“ „Wieso denn um Himmels Willen?“ „Das ist doch klar, was es dort für Massagen gibt“. „Aber wenn ihr noch nicht da gewesen seid, wie wollt ihr es dann wissen?“ „Na wegen J. Der geht da immer hin, zur Total-Entspannung.“ „Das glaub ich nicht.“ „Er muss nur danach verlangen.“ „Das fass ich nicht.“ Abends erzähle ich meinem Mann von den „Gerüchten“. „Eben“, sagt er, „ich war auch seit langem nicht mehr dort“. „???“ „Ich habe das auch gehört, dass es dort auf Wunsch alles gibt.“ „Hast du es gehört? Oder weißt Du es?“ „Ich schwöre, ich hab’s nur gehört.“ Na, man hört so vieles. Nur mir erzählt mal wieder keiner was. Ich bin die letzten Wochen also wegen meiner Rückenverspannungen in einen Puff gerannt. Prima. Heute war ich bei meiner Hausärztin. Sie hat mich an eine Spezialsitin überwiesen. Gibt es eigentlich Vorurteile gegen Physiotherapeuten?